Dies hilft ihnen dabei, das Gefühl dafür zu entwickeln, wer sie sind und dass sie wertvoll und "komplett" sind und ist daher ein wichtiger Schritt zu einer seelischen Reifung.
Biografiearbeit umfasst alle Lebensstationen des Kindes/ Jugendlichen und die Übergänge. Sie beschäftigt sich mit der Person des Pflegekindes, seinen biographischen Daten, Stärken und Schwächen, mit den leiblichen Eltern, Geschwistern und Halbgeschwistern, der weiteren Herkunftsfamilie (Großeltern Onkel, Tante usw.), vorherigen Lebensstationen (z. B. Bereitschaftspflege oder Heimeinrichtung), früheren Wohnorten oder Einrichtungen (Kindergarten, Schule) und mit inhaltlichen Fragen wie "warum konnte ich nicht bei meinen Eltern bleiben" oder "warum konnten meine Eltern nicht für mich sorgen" u.ä.
Die Ergebnisse werden optisch (z.B. in einem Lebensbuch oder Schnellhefter) oder akustisch (auf Kasette) festgehalten und stehen dem Kind damit dauerhaft zur Verfügung bzw. können fortgeschrieben werden.
Wann der richtige Zeitpunkt für den Beginn der Biografiearbeit ist, ist schwer abschätzbar. In der Regel sollte jedoch nicht abgewartet werden, bis das Kind von sich aus fragt. Viele Kinder haben Hemmungen, Fragen nach ihrer Vergangenheit zu stellen oder scheuen die Auseinandersetzung. Geht die Initiative von einem Erwachsenen, hat das Kind die Gewissheit, dass Fragen nach der eigenen Vergangenheit akzeptiert werden und gewünscht sind und erhält Hilfestellung dabei, den Mut zur Auseinandersetzung zu finden.
Es ist wichtig, das Kind im Rahmen der Biografiearbeit nicht zu überfordern. In der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit kann es zu (erneuten) Kränkungen und seelischen Verletzungen kommen. Daher wird in der Biografiearbeit immer mit ein paar wenigen Daten begonnen, es wird z.B. zunächst ein Steckbrief des Kindes angefertigt und mit einer Zeichnung oder einem Foto vervollständigt. Das weitere Tempo bestimmt das Kind - der begleitende Erwachsene stellt idealerweise einen regelmässigen zeitlichen Rahmen zur Verfügung.
Biografiearbeit kann in eine therapeutische Maßnahme eingebunden werden. Sie kann aber auch unabhängig jeder Therapie stattfinden und von Nicht-Therapeuten begleitet werden. Wichtig ist, dass das Kind/ der Jugendliche zu dem Erwachsenen Vertrauen hat und dass es dem Erwachsenen gelingt, auch bei schwierigen Themen (z. B. Missbrauch, Misshandlung oder Suchtmittelkonsum in der Herkunftsfamilie) nicht nur distanziert sondern emphatisch zu reagieren. Denn Ziel der Biografiearbeit ist neben der Vervollständigung des eigenen Lebens auch, die leiblichen Eltern mit ihren positiven und negativen Seiten in das Leben des Kindes zu integrieren.
In der Geschichte eines Pflegekindes wird es möglicherweise Zeiten oder Ereignisse geben, über die keine oder kaum Informationen vorliegen. Auch in solchen Fällen ist Biographiearbeit möglich. Es ist dann durchaus legitim und auch für das Kind hilfreich, Vermutungen anzustellen, zu generalisieren bzw. sich auf allgemeines Grundwissen zu beziehen (z.B. "Häufig ist es so, dass junge Eltern nicht in der Lage sind, einem Kind das zu geben, was es braucht, weil sie es noch nicht gelernt haben und wahrscheinlich war das bei deinen Eltern ähnlich").
Es gibt zahlreiche Bücher (z.B. von Irmela Wiemann), die Hilfestellungen bei der Biografiearbeit geben. Auch sind im Internet Vorlagen für ein Lebensbuch zu finden, z.B. unter