Angelman-Syndrom

  • Das Angelman-Syndrom ist die Folge einer seltenen neurologischen Genbesonderheit im Bereich des Chromosoms der Nummer 15 (Mikrodeletion auf dem mütterlichen Chromosom oder uniparentale Disomie 15q11-13), die unter anderem mit psychischen und motorischen Entwicklungsverzögerungen, kognitiver Behinderung, Hyperaktivität und einer stark reduzierten Lautsprachentwicklung einhergeht.

    Auftretenshäufigkeit


    Sowohl Jungen als auch Mädchen können mit dem Angelman-Syndrom geboren werden. Im Jahr 1965 beschrieb Angelman 150 Fallbeispiele; im Jahr 2005 waren weltweit über 800 dokumentiert. Die Besonderheit tritt mit einer durchschnittlichen Häufigkeit von 1 : 15.000 bis 1 : 20.000 auf, wobei davon auszugehen ist, dass das Angelman-Syndrom vielfach nicht als solches diagnostiziert wird, sondern beispielsweise als Autismus.



    Häufige Symptome


    Mit der Zeit sind vielfältige Merkmale aufgezeichnet worden, die häufig bei Menschen mit Angelman-Syndrom vorkommen. Nicht alle Menschen weisen alle Merkmale auf, die vorhandenen Merkmale treten auch nicht in gleich starker Ausprägung auf:



    * häufiges, oft objektiv unbegründetes Lächeln und Lachen, zum Teil regelrechte Lachanfälle, oft bei Aufregung


    * kognitive Behinderung


    * oft Hyperaktivität


    * Konzentrationsschwierigkeiten, häufig kurze Aufmerksamkeitsspanne, aber oftmals gutes Gedächtnis für Gesichter und Richtungen, gute räumliche Orientierung


    * im Kleinkindalter oft keine Sprechversuche, kein Brabbeln, später nur sehr eingeschränkte lautsprachliche Artikulationsfähigkeit (expressive Sprache), aber gewisse Fähigkeit zum Erlernen alternativer Kommunikationsformen, z.B. die Gebärden nach dem System der Gebärden-unterstützten Kommunikation (GuK), Bildkommunikation


    * gute rezeptive Sprache (Sprachverständnis)


    * überdurchschnittlich lange Dauer der oralen Phase (Erkundung der Umwelt mit dem Mund)


    * Bewegungs- und Gleichgewichtsstörungen, Ataxie (meist eher steifer, ungelenker, schwankender, breitbeiniger Gang, ruckartige, abgehackte (Lauf-)Bewegungen, eines von zehn Kindern lernt nicht laufen)


    * Verzögerung der motorischen Entwicklung (dadurch auch z.B. vergleichsweise spätes Laufenlernen)


    * Wahrnehmungsstörungen im körperlichen Bereich (oft zum Beispiel Gleichgewichtsprobleme)


    * oft übermäßige Mund- und Kaubewegungen aufgrund von ungenügender Kontrolle der Mundmuskulatur


    * Schlafstörungen durch einen Mangel an mindestens einem der Hormone, die den gesunden Schlaf steuern


    * vergleichsweise kleiner Kopf (Mikrozephalie), der oft an der Hinterseite abgeflacht ist


    * ungewöhnliches Hervorstrecken der Zunge (Auftretenshäufigkeit etwa 50 %)


    * Epilepsie mit Beginn meist zwischen dem 3. und 36. Monat nach der Geburt, die Anfälle verschwinden oft im Jugendalter, etwa um das 16. Lebensjahr, wieder (Auftretenshäufigkeit bis zu 90 %)


    * Besonderheiten im EEG, auch unabhängig von Epilepsie und auch im Schlaf nachweisbar


    * Wachstumsstörungen


    * häufig Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) in der Pubertät


    * kleine Hände und Füße, nach außen gedrehte Füße


    * häufig sehr schwach pigmentierte Haut, helles Haar und blaue Augen (Hypopigmentierung, zum Teil Parallelen zum Albinismus)


    * großer Mund mit hervorstehendem Oberkiefer


    * vergleichsweise kleine Zähne, die oft recht weit auseinander stehen


    * übermäßiger Speichelfluss


    * Schielen (Strabismus) mit einer Auftretenshäufigkeit von 50 %


    * übermäßiges Schwitzen, besondere Hitzeempfindlichkeit



    Sonstige Merkmale


    Menschen mit Angelman-Syndrom fallen oft durch eine intensive Suche nach Körperkontakt auf. Sie haben meist viel Sinn für Humor, sind häufig sehr sozial, gewöhnlich in der Grundhaltung freundlich und sie lachen sehr viel, wenngleich oft objektiv grundlos und oft bei Aufregung.



    Hyperaktivität ist ein auffälliges Merkmal des Syndroms und insbesondere im Kindesalter (oft aber auch darüber hinaus) sind zum Teil extreme Schlafstörungen häufig. Diese werden durch einen Hormonmangel verursacht und sind nicht pädagogisch zu regulieren. Viele Kinder mit Angelman-Syndrom müssen nachts fixiert werden, z.B. mittels eines Schulter-Bauch-Gurtes, damit sie zur Ruhe kommen.



    Trotz des Unvermögens, regelgerechtes Sprechen zu lernen (im Schnitt können sechs Wörter lautsprachlich verständlich artikuliert werden), sind Menschen mit dem Angelman-Syndrom meist fähig, einfache, teils sehr subjektiv gehaltene Gebärden, z.B. nach dem Prinzip der Gebärden-unterstützten Kommunikation (GuK) zu erlernen, Bilder zur Kommunikation zu verwenden oder Gesten zur Verständigung einzusetzen.



    Menschen mit Angelman-Syndrom bleiben lebenslang auf die Hilfe anderer angewiesen. Sie sind in unterschiedlichem, aber meist sehr begrenztem Maße intellektuell bildbar, benötigen meist spezielle Hilfen und vor allem dauerhaft personelle Unterstützung beim Lernen und bei der lebenspraktischen Bewältigung des Alltags.



    Viele Menschen mit Angelman-Syndrom haben eine besondere Vorliebe für Wasser. Sie gehen gerne schwimmen, spielen gern mit Wasser und sind fasziniert durch Spiegelungen auf Wasser- oder z.B. auch auf Glasflächen. Auch Plastik, insbesondere stark knisterndes Material wie etwa Plastiktüten oder Verpackungen, übt auf die meisten eine starke Faszination aus.



    Oft betrachten Menschen mit Angelman-Syndrom sehr gerne Bilder von sich selbst und nahen Bezugspersonen.